Meiner Meinung nach sollte im Café miteinander kommuniziert werden. Laute Hintergrundmusik finde ich daher keine optimale Lösung. Doch auch der ständige Blick auf Smartphones, was eine Fixierung auf und dabei nur noch eine Beschäftigung mit sich ausmacht, erfüllt nicht den Sinn eines Cafés, sofern dies überhand nimmt. Und dies nimmt meinen Beobachtungen nach überhand.
So viele Leute arbeiten im Café an ihrem Notebook, Gesprächsversuche sinnlos: «Bin gerade in einer Telefonkonferenz. Ich muss das gleich präsentieren.» – «Teilweise sicherlich Ausreden, in so einem Fall, ‚nur nicht reden!‘ Vielleicht möchte er gerade nicht mit mir reden aber später mit anderen oder sogar mit mir, ist ja nicht persönlich zu nehmen,» kommt mir dazu in den Sinn.
Allerdings ebenso beobachtete ich, dass auch dieses Phänomen rasch zunahm. Dabei könnten wir voneinander lernen, wo es doch schon so wenige öffentliche Orte der Begegnung gibt. Tief im Innern begeistert ein Café die allermeisten, begeistert es meinen Bekanntenkreis – uns, weil wir dort nicht alleine sind.
Szenenwechsel; ich gehe ins Café Ringelnatz und habe als Liedermacher Lieder vom Ringelnatz im Programm. Als ich die Gitarre auspacken möchte, regt sich sofort Widerstand: «Könnten Sie bitte rausgehen?» Draußen regnet es, das Personal zuckt mit den Schultern, «ja, ich sollte doch die Wünsche der Gäste respektieren.» Was würde Joachim Ringelnatz jetzt gerade antworten?
Mein Auftritt wäre nach zwei Minuten vorbei, weshalb ich nachhake und um diese kurze Zeit bitte, doch vergeblich.
Einen kurzen musikalischen Auftritt zu gestatten…
- signalisiert Lebensfreude, die – wie mir scheint – an bestimmten Orten immer weniger Platz findet.
- signalisiert musikalisches Gehör, welches – wie mir scheint – gewissen Leuten an bestimmten Orten zunehmend fehlt.
- signalisiert Teilnahme und Gesprächsbereitschaft zu einem Lied.
Findet ein beachtlicher Teil der Menschen an manchen Orten keinen Mut mehr dazu, einem Lied spontan zuzuhören oder mitzusingen und dies auch zu äußern, sollten andere am selben Ort dagegen sein? Ich kapitulierte, zu versuchen mit zurückweisenden Gästen zu sprechen. Ich nahm nur fragliche Befindlichkeiten wahr. In heutiger Zeit scheinen sich solche zu vervielfachen, statt dass Spontanität – das Leben unbekümmert in «außerplanmäßiger» Gemeinschaft geliebt wird.
Wie könnte sich ein Kaffeehausbesitzer in einer solchen Situation noch verhalten? Was ist wichtiger, die Gedanken von Joachim Ringelnatz oder eine entfremdete Haltung von Gästen? Ein Café sollte in erster Linie ein Ort der Begegnung und Lebensfreude bleiben.
Natürlich bin ich auch nicht immer offen für jedes Gespräch oder überhaupt für Gespräche – auch in einem Café nicht und bevorzuge manchmal auch andere Musik als mein Gegenüber, aber das ist ja nicht mit meinen Zeilen gemeint. Ich meine damit, dass ich eine Zunahme von Abkapselung beobachtete.
Es kann auch anders vonstattengehen. Tags drauf in einer Pizzeria in Erfurt, wir essen fein, sind wunderbar gelaunt, ich packe die Gitarre aus, singe «Die Gedanken sind frei» und «Über den Wolken». Viele Gäste am Nebentisch stimmen in den Refrain mit ein.
Alle freuen sich über eine solche Abwechslung, unsere Lebensfreude ist spürbar. «Einfach loslegen! Das Leben genießen, statt sich weiter über Befindlichkeiten Gedanken zu machen.»