In seinem Buch “Sucht nach Leben” beschreibt Andreas Altmann das Leben in einem Pariser Café. Es ist eine Hommage an das Leben im typischen Kaffeestübchen. Wenige Zitate daraus mag ich hier gern weitergeben sowie eigene Worte anwenden. Etliches im Buch charakterisiert einen allgemein üblichen Besuch in einem Café, vorwiegend geht es dort friedlich zu und her.
Café tue temps
Wörtlich übersetzt; «Kaffee tötet Zeit,» diese Interpretation von Herrn Altmann erläutert realistisch aber mit dem grausamen Wort «tötet» . Das Café als einzige Räumlichkeit einer Nervenheilanstalt wirkt am Ende allerdings versöhnlich.
Mir ist eine freiere Übersetzung hingegen lieber, “im Café stirbt die Zeit” und als Reim dazu, «um zu kämpfen gegen Einsamkeit». Deswegen sollte wohl auch für besagte Zeit bezahlt werden; nach der Devise meiner freieren Übersetzung testeten auch die ersten Kaffeehausbesitzer ihr geschäftliches Glück aus.
Denn wie viel besser ist doch ein angenehmes Sterben der Zeit! Sich dabei mit anderen Menschen glücklich – oder zumindest zufrieden – fühlend; alleine kann manchmal ein Kaffee zwar genüsslich zuhause geschlürft werden, gerade aufgrund des eigenen Rückzugs. Aber ihn sich in einer auswärtig umsorgten Lokalität gönnend, kann gerade erst spannende und gleichsam entspannende Erfahrungen hervorbringen.
Unsereins erwarten mehr und mehr sterile Cafés samt Selbstbedienung. Vorbei das schöne Porzellan, welches gereicht wurde. Die Kännchen scheinen ausgestorben zu sein, die Milchgiesser ebenso. Dafür grosse Becher, damit mehr kassiert werden darf. Feine Torten – so scheint mir – werden unterdessen auch immer seltener gebacken. Hingegen könnten wir doch jene schöne Zeiten zurückzaubern.
Wir verdanken die Oase einem Heldenpaar
Das Buch handelt von Bernadette und Robert, porträtiert «die Chefin, der Chef»; ewig verheiratet, ewig befreundet, ein Perpetuum, so wird das Wirtepaar von Andreas Altmann beschrieben.
Ein Café zu führen bedeutet viel Einsatz, aber dies lohnt sich finanziell immer weniger. Einerseits schwächen Familienbande mehr und mehr, es benötigt stets Personal, dazu horrende Mieten und bürokratische Monsterhürden. Doch bei den beiden Caféinhabern zuhause spürt die Leserschaft pure Leidenschaft.
Konzernspitzen fassen jedoch lediglich ins Auge, neben ihren Produkten ihre Produktivität zu optimieren und von günstigsten Kosten zu profitieren. Zudem belohnen sie Medien, indem diese ihnen Omnipräsenz gewähren.
Das Cafe ist nur Fassade, wer hier eintritt, betritt einen Beichtstuhl
Die Theke entpuppt sich als Klagemauer, dahinter und manchmal daneben steht der Beichtvater. Bisweilen hört auch ein weiterer Gast mit. Liebesgeschichten und vieles mehr, was die Klagenden und die Beichtenden bewegen, dürfen hier befreit werden. Andreas Altmann legt hierfür feines Gespür an den Tag.
Was ergibt eine der schönsten Gespächsatmosphären für so viele von uns Menschen?
Eine vertraute Umgebung, dort wo sich Menschen begegnen können und unmittelbare Nähe verspüren. Ein Café sollte diese Art Gemütlichkeit ausstrahlen.
Solche Cafés bringen wir mit unseren Reisen näher. Die dann hoffentlich allerorts zu finden sind, lange überleben und Lebensqualität ermöglichen.